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Kein Sozialdemokrat kann begeistern wie Franziska Giffey.
Die Bundesfamilienministerin weiß, dass sie im Bund nur verlieren könnte. Nun will sie das Land Berlin regieren.
Franziska Giffey gehört zu den ganz wenigen in der Politik, die sich so sehr begeistern können, dass es ansteckend wirkt. Ob sie sich für ein politisches Vorhaben, ihre Heimat, ihre Partei oder einfach auch nur für ihre eigene Begeisterung begeistert, ist momentan gerade egal. Für den trüben, deprimierten Haufen der Berliner SPD ist dieser Mix aus Leidenschaft, Optimismus und guter Laune, der da nun in Form der 41-jährigen gebürtigen Brandenburgerin an ihre Spitze strebt, die einzige Chance, nach der Landtagswahl im Herbst 2021 an der Macht zu bleiben. Ein Gottesgeschenk mit Hochsteckfrisur.
Im Mai wird die Bundesfamilienministerin gemeinsam mit Raed Saleh, Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, für den Vorsitz der Berliner SPD kandidieren. Auf eine Doppelspitze hatten sich die Genossen bereits auf dem vergangenen Parteitag festgelegt. Michael Müller, der zunehmend unbeliebte Regierende Bürgermeister, wird dann nicht mehr antreten, auch nicht als Spitzenkandidat im nächsten Jahr. Das macht dann Giffey. Wer sonst?
Mit Giffey wird alles gut
Giffey wird unter den Sozialdemokraten seit geraumer Zeit schon wie ein Wundermittel gehandelt, das alle Leiden der SPD beseitigen kann. Die Partei braucht eine neue Vorsitzende? Mit Giffey wird alles gut. Wie vertreiben wir den Blues der Vergeblichkeit? Mit täglich drei Sätzen Giffey. Wer rettet die Berliner SPD? Na die Frau, die mal Bürgermeisterin von Neukölln war. Welcher Kanzlerkandidat holt das bestmögliche Ergebnis bei der nächsten Bundestagswahl? Natürlich die Kandidatin, die man mögen muss! Wer ist in der Lage, die bis zu zehn Punkte Rückstand der Berliner SPD gegenüber den Grünen aufzuholen? Nur eine Spitzenkandidatin, der die Berliner – anders als ihrem aktuellen Regierenden Bürgermeister – noch etwas zutrauen. Fast hat es den Anschein, als glaubten die Genossen, Franziska Giffey hätte als Kind in japanischem Heilpflanzenöl gebadet. Das hilft ja angeblich auch gegen alles.
Was aber treibt Giffey? Warum steigt die Frau der tausend Optionen von der Bundes- auf die Landesbühne herab? Warum mutet sie sich einen Landesverband zu, dessen Zustand selbst Wohlmeinende als desolat bezeichnen? Und warum lässt sie, die große Zukunftshoffnung der Sozialdemokraten, sich auf eine Wahl ein, die sie verlieren kann?
In Berlin kann sie gewinnen, im Bund nur verlieren
Zwei Antworten gibt es auf diese Frage. Die erste hat etwas mit kalter Vernunft zu tun – dazu sind notorisch Begeisterte durchaus fähig – und ist schnell erzählt: Giffey weiß, dass sie bis maximal Herbst 2021 Bundesministerin bleiben kann, spätestens dann wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Dass die SPD danach weiterhin Minister in eine Regierung entsenden wird, glauben selbst die nicht, deren Optimismus so grenzenlos ist, dass sie in Hertha BSC einen kommenden deutschen Meister erkennen können. Umsatteln von Bund auf Land heißt für Giffey also: in Amt und Würde bleiben.
Bei der zweiten Antwort muss man genau hinhören, was Giffey so sagt. Ganz oft und sehr gern sagt sie zum Beispiel: "einen Unterschied machen". Mal erzählt sie, sie sei in die Politik gegangen, "um einen Unterschied zu machen". Mal sinniert sie darüber, welche Stelle, welche Position zu welcher Zeit die geeignetste sei, um "einen Unterschied zu machen". Und mal bringt sie halt ein Gesetz ein, um, genau, "einen Unterschied zu machen". Wer permanent einen Unterschied machen muss, ist für die Opposition denkbar ungeeignet. Denn dort kann man einen Unterschied nicht machen, sondern nur markieren. In Papieren, in Vorschlägen, in Anträgen. Wer aber Jahre – zuerst als Stadträtin, dann als Bürgermeistern und schließlich als Ministerin – immer nur gestaltet hat, möchte das auch weiterhin tun. Im Bund sind die Chancen darauf nach dem Herbst 2021 eher theoretisch, in Berlin durchaus real.
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Plagiatsfall Giffey wird neu aufgerollt. Ein Debakel für Berlin – und die SPD
Alles auf Anfang im Plagiatsfall Giffey: Das ist eine größtmögliche Peinlichkeit und eine schwere Belastung für Politik. Vor allem in Berlin.
Es ist ein Debakel. Ausgelöst von der Freien Universität, als die am Freitagnachmittag ankündigte, dass sie neu über die Plagiatsvorwürfe gegen die Doktorarbeit von Franziska Giffey entscheiden will.
Die Rüge, mit der Giffey im vergangenen Jahr trotz festgestellter „objektiver Täuschung“ davonkam, wurde zurückgezogen, der Fall ist wieder offen. Giffey, die bis heute gerne ihre offiziellen Dokumente mit „Dr. Giffey“ handschriftlich unterzeichnet, muss also wieder um ihren Titel bangen.
Wobei Bangen ein Understatement ist. In ihrer dürren Pressemitteilung lässt die FU bereits durchblicken, dass ihr Präsidium die Plagiate Giffeys für schwerwiegend hält. Das kann eigentlich nur bedeuten, dass sie der Ministerin und Berliner SPD-Vorsitzenden in spe den Titel aberkennen muss. Eine Rüge, wie sie die FU 2019 erteilte, ist nur in minderschweren Fällen möglich, wie gerade ein Gutachter bestätigte. Die Rüge ist à la Fußball die gelbe Karte für nicht so grobe Fouls.
Egal, wie die FU am Ende entscheidet: Die Neubefassung stellt für alle Beteiligten nicht nur die größtmögliche Peinlichkeit dar, sie ist auch eine schwere Belastung für Politik – vor allem in Berlin.
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Plagiatsaffäre der Familienministerin Franziska Giffey verzichtet auf ihren Doktortitel
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey verzichtet auf ihren Doktortitel von der Freien Universität. Die Berliner SPD zeigt sich erleichtert.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat im Zuge der Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit erklärt, dass sie künftig auf ihren Titel verzichtet. Das teilte Giffey dem Präsidenten der Freien Universität Berlin, Günter Ziegler, am Freitag mit. Die FU bestätigte auf Tagesspiegel-Anfrage, das Schreiben von Giffey erhalten und "zur Kenntnis genommen" zu haben.
Sie habe sich zu dem Schritt entschieden, um weiteren Schaden von ihrer Familie und ihrer politischen Arbeit sowie ihrer Partei abzuwenden, heißt es in dem Schreiben, über das zuerst die "Berliner Morgenpost" berichtet hatte.
Die Famlienministerin, die künftig auch die Berliner SPD führen soll, betonte in dem Schreiben, sie habe ihre „Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen" verfasst. Aber: "Wer ich bin und was ich kann, ist nicht abhängig von diesem Titel. Was mich als Mensch ausmacht, liegt nicht in diesem akademischen Grad begründet."
Sie werde ihre Arbeit als Bundesministerin fortsetzen, kündigte Giffey an. Noch im vergangenen Jahr hatte die Sozialdemokratin ihren Rücktritt als Ministerin in Aussicht gestellt, falls ihr der Titel aberkannt werden würde. Giffey war der Doktorgrad am 16. Februar 2010 von der FU verliehen worden. Das Thema ihrer Dissertation lautete „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“.
Erleichterung in der Berliner SPD
In der Berliner SPD gab es erleichterte Reaktionen, in der Partei hatte man immer ungeduldiger auf eine öffentliche Reaktion der künftigen Spitzenkandidatin gewartet. Helmut Kleebank, Bürgermeister von Spandau, twitterte: "Sehr respektable Entscheidung. Franziska Giffey ist und bleibt die Beste für Berlin!"
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Neue Doppelspitze für die Berliner SPD: Franziska Giffey mit Raed Saleh Franziska Giffey und Raed Saleh an Spitze der Berliner SPD gewählt
Die SPD in Berlin hat ein neues Führungsduo: Die Bundesfamilienministerin und der Landesfraktionschef folgen Michael Müller. Giffey will als Spitzenkandidatin antreten.
Rund zehn Monate vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus hat die Berliner SPD zwei neue Vorsitzende: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bildet zusammen mit Landesfraktionschef Raed Saleh die neue Doppelspitze. Die Delegierten eines weitgehend online abgehaltenen Parteitags wählten die beiden zu den Nachfolgern von Michael Müller. Giffey erhielt auf dem hybriden Parteitag 237 Stimmen, das entspricht 89 Prozent der Stimmen. Für Saleh stimmten 182 der Delegierten, was ein Anteil von 69 Prozent ist.
Kurz nach ihrer Wahl kündigte Giffey an, für die Berliner Abgeordnetenhauswahl 2021 als Spitzenkandidatin anzutreten: "Vielen Dank für den Rückenwind, euer Vertrauen, eure Unterstützung und Solidarität", sagte Giffey im Berliner Tagungshotel Estrel. Sie sei gerne bereit, "eure Spitzenkandidatin zu sein". Es ist das erste Mal in der Geschichte der Berliner SPD, dass diese von einer Doppelspitze geführt wird – Giffey übernimmt als erste Frau die Führung der Landespartei.
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Es ist das erste Mal in der Geschichte der Berliner SPD, dass diese von einer Doppelspitze geführt wird – Giffey übernimmt als erste Frau die Führung der Landespartei.
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