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Pegida, die Selbsthilfegruppe gegen Einsamkeitsgefühle
Zu Pegida kommen viele Wendeverlierer, zeigt eine neue Studie. Wo vieles wegbricht, ist für sie die Herkunft das Einzige, das man ihnen nicht nehmen kann – und das ein Fremder nie erreichen kann.
Pegida war eigentlich schon weg, doch dann hat der Flüchtlingszustrom im Herbst der Bewegung einen zweiten Frühling verschafft. Wann dieser endet, wann die Bewegung aufhört, kann auch Hans Vorländer nicht beantworten. „Es kann sich nur irgendwie selbst erschöpfen“, sagt der Politikwissenschaftler an der TU Dresden, der mit einem Team das Phänomen des Dresdner Erfolgs der Bewegung erforscht und die Befunde jüngst in einen Band mit dem Titel „Pegida - Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung“ gegossen hat.
Gleichwohl einen Pegida von Anfang an eine aggressive Agitation sowie Hass- und Hetzreden gegen Asylbewerber sowie Politik und Medien. Die Empörung vor allem westdeutscher Politiker und die massive Berichterstattung darüber hätten erheblich zum Wachstum von Pegida beigetragen; Bezeichnungen wie „Schande“ und „Nazis in Nadelstreifen“ hätten bei den Anhängern zu Trotzreaktionen geführt. Zwar mobilisiere Pegida gezielt mit Fremdenfeindlichkeit, allerdings dienten vielen Teilnehmern Fremde, insbesondere Asylbewerber, auch als Projektionsfläche für alles Unbekannte und eine allgemeine Unzufriedenheit.
https://www.faz.net/aktuell/politik/inla…e-14031833.html
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Mehr als 20.000 Menschen lockten die wöchentlichen Pegida-Demonstrationen einst. Was aus den Protestmärschen geworden ist, zeigt ein Besuch am Dresdner Altmarkt.
"Sehen wir so aus?", entgegnet die ältere Dame auf die Frage, ob sie auch zum Demonstrieren hier sei. Nun, man hat seine politische Einstellung ja nicht auf der Stirn stehen. "Nein, wir schauen uns das nur mal an", sagt sie. Aus dem Sauerland seien sie und ihr Mann zu Besuch in Dresden. Die Pegida-Demonstrationen kannten sie bisher nur aus dem Fernsehen. Ihr Mann kann "irgendwie" verstehen, dass die Menschen sich Sorgen machen. "60 Millionen Afrikaner sind ja auf dem Weg nach Europa." Das hat er gelesen. "Wenn die alle kommen, dann kippt das hier", warnt er. Dann belächeln sie all jene, die sich an diesem Montagabend am Dresdner Altmarkt versammelt haben und gehen weiter.
Das war einmal anders. Früher wurde die Demonstration ernster genommen. Die fremdenfeindlichen Pegida-Demonstrationen waren Ende 2014 eine feste Größe in der bundesweiten Berichterstattung. Anfang 2015 kamen an einem einzigen Abend nach Angaben der Polizei rund 25.000 Teilnehmer. Nachdem die Bundesregierung im September 2015 entschied, die Grenzen für Hunderttausende Flüchtlinge auf der Balkanroute nicht zu schließen, schwoll die Teilnehmerzahl im Oktober darauf wieder auf rund 20.000 Menschen an, nachdem es zwischenzeitlich weniger geworden waren. Vielen Menschen machten die Protestmärsche damals Angst. Inzwischen scheint die deutlich geschrumpfte Kundgebung zur wöchentlichen Routine geworden zu sein.
Mit den Teilnehmern ins Gespräch zu kommen, ist nicht ganz leicht. Mitglieder der als "Lügenpresse" verschrienen Medien haben keinen guten Stand bei den Demonstranten, die meist weit über 50 Jahre alt und männlich sind. Wer aber als Journalist Fragen stellt, muss sich auch als solcher zu erkennen geben. Manche drehen sich einfach um, andere versuchen, den lästigen Berichterstatter sanft zur Seite zu drängen. Es wird auch mal gepöbelt: "Verpiss dich bloß, ganz schnell", sagt einer. So ganz gewaltfrei wie Pegida gerne wäre, ist die Demonstration nicht. Ende Juli hat ein Teilnehmer einem Inder, mit dem es zuvor ein Wortgefecht gab, ins Gesicht geschlagen. Die Polizei ermittelt zudem, weil ein anderer Teilnehmer den Hitlergruß gezeigt haben soll. Mehrfach wurden bereits Journalisten angegriffen.
"Die Ausdauer, jeden Montag zu kommen, hat nicht jeder"
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Eumel« (1. Oktober 2019, 14:09)
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